Eine Gefahrerhöhung i.S.d. § 23 Abs. 1 VVG durch den Betrieb eines nur mit Sommerreifen bestückten PKW liegt nur vor, wenn bei durchgehend herrschenden winterlichen Straßenverhältnissen der PKW längerfristig oder für längere Fahrten benutzt wird.
Die Verpflichtung,
Winterreifen zu benutzen, orientiert sich an dem konkreten Tag der Nutzung des PKW und in der konkreten Verkehrssituation herrschenden Witterungs- und Straßenverhältnissen; hierfür ist der Versicherer darlegungs- und beweisbelastet.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:Die Klägerin macht mit ihrer Klage unter Berufung auf eine vermeintlich bestehende Leistungsfreiheit / Möglichkeit einer Leistungskürzung Rückzahlungsansprüche im Hinblick auf bereits regulierte Schäden aus einem
Verkehrsunfall vom 29.10.2012 geltend.
Der Beklagte war im Rahmen einer KFZ - Haftpflichtversicherung Versicherungsnehmer der Klägerin. Am 29.10.2012 befuhr der Beklagte mit seinem Pkw die Jungbuschbrücke in Richtung Ma-Innenstadt. Gegen 5.40 Uhr verlor er die Kontrolle über sein Fahrzeug und kollidierte frontal mit einem Fahrzeug auf der Gegenspur. Das Beklagtenfahrzeug hatte Sommerreifen aufgezogen. An beiden Fahrzeugen entstand jeweils Totalschaden. Die Insassen des entgegenkommenden Fahrzeugs wurden verletzt. Die Klägerin regulierte als Haftpflichtversicherer die Schäden des Unfallgegners mit (bislang) 7.080,82 EUR.
Die Klägerin behauptet, am Unfalltag seien winterliche Straßenverhältnisse vorhanden gewesen, der Unfall habe sich dadurch ereignet, dass der Beklagte bei Eisglätte ins Schleudern gekommen sei. Der Beklagte sei zu schnell, mit einer nicht angepassten Geschwindigkeit gefahren und nicht mit den nach
§ 2 IIIa StVO vorgeschriebenen Reifen unterwegs gewesen.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe dadurch den Versicherungsfall vorsätzlich, mindestens aber grob fahrlässig herbeigeführt, indem er in Kenntnis der winterlichen Verkehrsverhältnisse das Fahrzeug ohne angemessene Bereifung geführt habe.
Außerdem bedeute das Fahren mit Sommerreifen, ohne Winterreifen bzw. M + S Reifen eine vorsätzliche Gefahrerhöhung i.S.d. §§ 23, 26 VVG, da es bereits Tage vor dem Unfallereignis Temperaturen deutlich im Minusbereich gegeben habe.
Die Klägerin ist daher der Auffassung, sie sei nach den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung, hier Ziffer D.3.3 Satz 3 AKB berechtigt, den Beklagten in Regress zu nehmen, es bestehe eine Leistungsfreiheit sie mache zu Recht nach diesen Bedingungen eine Forderung i.H.v. 5.000.- EUR geltend.
Der Beklagte ist der Auffassung, er sei nicht verpflichtet gewesen, Winterreifen aufzuziehen. Die Witterungsverhältnisse hätten dazu keinen Anlass gegeben. Er wäre nicht zu schnell gefahren. Es sei allenfalls von wechselhaften Wetterverhältnissen auszugehen, eine mögliche Fahrbahnglätte sei lediglich lokal bei einer Stelle der Jungbuschbrücke festzustellen gewesen.
Der Unfall sei auch nicht mit Winterreifen zu vermeiden gewesen.
Hierzu führte das Gericht aus:Die zulässige Klage ist nicht begründet. Weder besteht eine Leistungsfreiheit / Möglichkeit zur Leistungskürzung aufgrund einer vorsätzlich oder grob fahrlässig vorgenommenen Gefahrerhöhung (§ 23, 26 VVG) noch eine Leistungsfreiheit / Möglichkeit zur Leistungskürzung aufgrund einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls (§ 81 VVG).
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