Sofern ein Lkw-Fahrer auf der Autobahn einen Fahrspurwechsel so plötzlich und unerwartet einleitet, dass den Nachfolgern keine angemessene Reaktionszeit bleibt, haftet alleine für den entstandenen Schaden.
Die Anwendbarkeit des
§ 7 V StVO auch auf Spurwechsel auf Autobahnen ergibt sich aus der Systematik des § 7 StVO: § 7 I StVO gilt innerhalb und außerhalb geschlossener Ortschaften. Nur § 7 III StVO enthält eine - ausdrückliche - Beschränkung auf den innerörtlichen Verkehr. Deshalb wird die Anwendbarkeit des § 7 V StVO auch auf Spurwechsel auf Autobahnen regelmäßig ohne weiteres bejaht. Ein Spurwechsel beginnt bei Überfahren der Fahrbahnmarkierung. Für die Anwendung des § 7 V StVO bedarf es nicht des vollständigen Fahrstreifenwechsels.
In einem solchen Fall scheidet ein Mitverschulden des Nachfolgers aus. Eine Mithaftung aus
Betriebsgefahr tritt zurück, wenn fest steht, dass der Nachfolger ab der Reaktionsaufforderung („Nach-links-ziehen“ des Lkw-Fahrers) bis zur Kollision nachgewiesen allenfalls 2 Sekunden Zeit gehabt, um mit einer mittleren Schwerpunktsverzögerung von 3 bis 3,5 m/s² die Kollision zu vermeiden.
Zieht man noch die Reaktionsverzögerung und den Bremsschwellwert ab, kommt man technisch zwar zu einer Vermeidbarkeit des
Unfalls, haftungsrechtlich ist einem Fahrer jedoch bei einer zu späten Reaktion im Bereich von 1,2 Sekunden ohne vorherige, durch sonstige Umstände hervorgerufene besondere Aufmerksamkeitsaufforderungen kein Schuldvorwurf zu machen.
Ablenkungen nach vorne in dieser zeitlichen Dimension werden üblicherweise selbst durch die Pflichten der StVO (Blick in den Rückspiegel, Schulterblick, etc.) verursacht.