Handybenutzung - nicht nur telefonieren!

Verkehrsrecht

Es ist bezüglich der "Benutzung eines Mobiltelefons" i.S.d. § 23 Abs. 1a StVO nicht erforderlich, daß das Mobiltelefon zum telefonieren benutzt wird. Vielmehr ist von dem Begriff "Benutzung" jeder bestimmungsgemäßer Gebrauch umfaßt, so auch die Nutzung als Diktiergerät.

Der Gesetzeswortlaut steht dieser Auslegung nicht entgegen, sondern legt sie eher nahe. Der Begriff der Benutzung schließt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Inanspruchnahme sämtlicher Bedienfunktionen der nach üblichem Verständnis als Mobiltelefon bezeichneten Geräte ein.

Dafür, dass das Mobiltelefon “als Telefon” genutzt werden müsse ist dem Gesetzeswortlaut nichts zu entnehmen. Wenn der Verordnungsgeber den Anwendungsbereich der Norm in dieser Weise hätte einschränken wollen, wäre dies unschwer durch eine entsprechende Fassung des Textes möglich gewesen.

Den Gesetzesmaterialien ist im Gegenteil eindeutig zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber nicht allein das Telefonieren ohne Freisprechanlage untersagen wollte. So heißt es in der Begründung zur Einführung der Regelung des § 23 Abs. 1a StVO durch Artikel 1 Nr. 4b der 33. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften: “Die Benutzung schließt neben dem Gespräch im öffentlichen Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen, wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein.”

Auch der Gesetzeszweck fordert eine Erstreckung des Verbots auf jegliche Art der bestimmungsgemäßen Benutzung eines Mobiltelefons durch Aufnehmen oder Halten des Gerätes während der Fahrt.

Mit der Einführung der Verbotsnorm wollte der Verordnungsgeber gewährleisten, “dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobil- oder Autotelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat”. Die von der Benutzung eines Mobiltelefons ausgehende mentale Überlastung und Ablenkung von der eigentlichen Fahraufgabe sollte nach dem Willen des Verordnungsgebers auf ein hinnehmbares Maß vermindert werden, indem die Benutzung des Gerätes während der Fahrt nur noch dann gestattet ist, wenn beide Hände für die eigentlichen Fahraufgaben zur Verfügung stehen-

Eine mentale Überlastung und Ablenkung des Fahrers geht nicht allein von der Benutzung des Mobiltelefons als Telefon aus, sondern unter Umständen in noch stärkerem Maße von seiner Verwendung als Organizer, Internetzugang oder Diktiergerät. Insbesondere das Formulieren eines Textes beim Diktat erfordert nach allgemeiner Lebenserfahrung in aller Regel wesentlich mehr Konzentration – und führt damit zwangsläufig zu einer stärkeren Ablenkung – als ein normales Telefongespräch.

Die Vorschrift und ihre hier vorgenommene Auslegung begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere verstößt es nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass der Verordnungsgeber die Benutzung anderer Geräte oder die Vornahme sonstiger Tätigkeiten, die es bedingen, dass nicht beide Hände für die eigentlichen Fahraufgabe zur Verfügung stehen (z.B. Bedienung des Radiogerätes, Rauchen, Verzehr von Speisen und Getränken), nicht ebenso verboten hat.

Die Benutzung einer bestimmungsgemäßen Funktion eines Mobiltelefons während der Fahrt unterscheidet sich von der Verwendung sonstiger Geräte und der Vornahme anderer eine Hand des Fahrers beanspruchender Tätigkeiten typischer Weise durch die höhere Intensität der Ablenkung des Fahrers sowohl in zeitlicher als auch in mentaler Hinsicht und – in Bezug auf die Benutzung sonstiger Geräte (etwa von Navigationsgeräten) – auch durch die massenhafte Verbreitung von Mobiltelefonen sowie die Üblichkeit ihres intensiven Gebrauchs während der Fahrt.


OLG Jena, 31.05.2006 - Az: 1 Ss 82/06

ECLI:DE:OLGTH:2006:0531.1SS82.06.0A

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