Anhörungsbogen: Was verbirgt sich dahinter und muss man den eigentlich ausfüllen?

Verkehrsrecht

Der Anhörungsbogen wird von der Bußgeldbehörde an Fahrzeughalter verschickt, wenn ein Verkehrsverstoß begangen wurde, bei dem der Fahrer zu ermitteln ist. Dieser wird im Allgemeinen binnen einiger Wochen nach dem Verkehrsverstoß auf dem Postwege zugestellt.

Wenn unklar ist, ob Fahrzeughalter und Verkehrssünder identisch sind, wird der Halter vorerst einen Zeugenfragebogen erhalten.

Lediglich für Verstöße im ruhenden Verkehr – also bei Parkverstößen - gilt die Halterhaftung. Kann der Fahrer nicht ermittelt werden, muss der Halter zahlen.

Im Anhörungsbogen wird zunächst mitgeteilt, welcher Vorwurf erhoben wird und gleichzeitig dem Betroffenen Gelegenheit gegeben, innerhalb von einer Woche zu dem gegen ihn gerichteten Vorwurf Stellung zu nehmen. Der Anhörungsbogen verschafft dem Betroffenen somit rechtliches Gehör.

Welche Angaben enthält der Anhörungsbogen?

Der Anhörungsbogen ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Er enthält jedoch alle relevanten Informationen über die zur Last gelegte Tat:

Ort, Datum und Uhrzeit der Tat
Angaben zum Beschuldigten
Genaue Benennung des Verstoßes
Information über die voraussichtliche Höhe der Geldbuße
Informationen zu drohenden Punkten und/oder Fahrverbot
Angabe der Beweismittel
Sowie sofern vorhanden: Angaben zu Zeugen
Der Anhörungsbogen muss übrigens kein Beweisfoto enthalten. Die kann kann zwar als Beweis dargestellt werden - eine Pflicht dazu gibt es jedoch nicht. Es genügt, dass sich das Beweisfoto in der Akte befindet und der Hinweis auf das Foto aufgenommen wurde. Dies gilt auch für den Bußgeldbescheid.

Angaben machen oder besser doch nicht?

Besteht keine Gewissheit über den Akteninhalt, so kann es insbesondere dann, wenn ein Verstoß, der ein Fahrverbot nach sich ziehen kann, ratsam sein, keine Angaben zur Sache zu machen, sondern einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Nur ein Anwalt kann die Akte bei der Bußgeldbehörde anfordern.

Der Betroffene muss im Anhörungsbogen keine Stellungnahmen abgeben. Er ist lediglich verpflichtet, seine Personalien anzugeben bzw. einen Datenabgleich ermöglichen. Hierzu sind die persönlichen Angaben zu überprüfen, zu ergänzen und gegebenenfalls zu verbessern.

Die regelmäßig gesetzte Wochenfrist für eine Stellungnahme kann unbeachtet bleiben oder auch überzogen werden, da sich auch nach dieser Frist zum Tatvorwurf geäußert werden kann. Dies gilt auch dann, wenn auf den Anhörungsbogen nicht reagiert wird und ein Bußgeldbescheid erlassen wird. Gegen diesen kann Einspruch eingelegt werden. Der Betroffene hat dann erneut die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.

Die Frist gilt ausschließlich für die Pflichtangaben, also den Personalienabgleich. Sind die Angaben zur Person bereits korrekt, muss der Anhörungsbogen gar nicht beantwortet werden. Dies kann aber zur Folge haben, dass eine polizeiliche Vernehmung oder eine Anhörung in der Bußgeldstelle folgt.

Soll gegen den Bußgeldbescheid Einspruch erhoben werden, können die Angaben im Anhörungsbogen darüber entscheiden, ob der Einspruch erfolgreich ist oder nicht. Daher sollte sinnvollerweise bereits in diesem Stadium anwaltliche Hilfe hinzugezogen werden, um mögliche Fehler zu vermeiden.

Anhörungsbogen unterbricht die Verjährung

Eine Ordnungswidrigkeit kann nach nach dem Ablauf von drei Monaten nach dem Tattag nicht mehr verfolgt und geahndet werden.

Der versendete Anhörungsbogen führt jedoch dazu, dass diese Verfolgungsverjährung unterbrochen wird, sodass die Verjährungsfrist erneut beginnt. Ob der Anhörungsbogen zugestellt wird oder nicht hat auf die Hemmung der Verjährung keinen Einfluss. Es ist also nicht möglich, einfach zu behaupten man habe den Anhörungsbogen nicht oder nicht rechtzeitig erhalten.

Sofern ein Bußgeldbescheid zugestellt wird, gilt das Gleiche.

Damit die Verjährung ausgesetzt wird, muss der Anhörungsbogen einen persönlichen Vorwurf enthalten („es wird Ihnen vorgeworfen ...“), andernfalls läuft die Verjährung weiter. Eine Formulierung, dass etwas „festgestellt“ wurde, genügt nicht zur Unterbrechung der Verjährungsfrist, weil es an einem persönlichen Vorwurf fehlt.

Sofern Fahrzeughalter und Fahrzeugführer nicht identisch sind, so wird die Verjährung nur gegenüber dem Fahrzeughalter ausgesetzt – nicht jedoch für den tatsächlichen Fahrzeugführer.

Die Aussetzung der Verjährung ist lediglich einmal möglich. Wurde der Betroffene bereits bei der Tat oder am Unfallort verhört, so wird die Verjährung nicht erneut durch den Versand des Anhörungsbogens ausgesetzt.

Was passiert, wenn man nicht auf den Anhörungsbogen reagiert?

Sofern auf den versendeten Anhörungsbogen keine Reaktion erfolgt, wird die Behörde versuchen, den Fahrzeugführer auf anderem Wege zu identifizieren, beispielsweise durch einen Abgleich zwischen einem Messfoto und dem für den Personalausweis hinterlegten Lichtbild.

Sofern die Nachforschungen dazu führen, dass sich hierbei zumindest der Anschein der Täterschaft bestätigt, wird in der Regel ein Bußgeldbescheid erlassen.

Kann man im Anhörungsbogen einfach einen anderen Fahrer benennen?

Ein anderer Fahrer darf nur dann benannt werden, wenn dieser zum Tatzeitpunkt auf das Fahrzeug geführt hat, es also gefahren hat. Vermutungen oder ganz unzutreffende Tatsachen haben im Anhörungsbogen keinen Raum.

Wird absichtlich ein anderer Fahrzeugführer angegeben, so ist dies gemäß § 164 StGB strafbar - auch dann, wenn die andere Person mit der Benennung einverstanden ist oder war.

Auch alle anderen Falschangaben sind strafbar und können je nach Einzelfall eine Geldstrafe aber auch eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren zur Folge haben.

Muss der Fahrer benannt werden?

Sofern der Empfänger des Anhörungsbogens zum Tatzeitpunkt nicht der Fahrer war, kann lediglich dieses angegeben werden. Es müssen keine Angaben dazu gemacht werden, wer der Fahrer war.

Es besteht insoweit keine Verpflichtung, einen Fahrer zu benennen. Es ist auch durchaus empfehlenswert, auf dem Anhörungsbogen keinerlei Angaben zur Identität des Fahrers zu machen.

Im Übrigen besteht auch keine Pflicht, sich selber zu belasten. Ein Schweigen kann und darf auch nicht gegen den Empfänger des Anhörungsbogens verwendet werden.

Wenn der Anhörungsbogen an den Fahrzeughalter gesandt wird und dieser keine Angaben zum Fahrer macht, kann die Behörde jedoch daraus unter Umständen den Schluss ziehen, dass der Halter es ablehnt, an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitzuwirken. Dann hat sie bei nicht ganz unwesentlichen Verkehrsverstößen die Möglichkeit, dem Halter die Führung eines Fahrtenbuches aufzuerlegen.

Letzte Änderung: 01.11.2023

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