Lange Hosen zum Abendessen Pflicht: Beeinträchtigung der Reise?

Reiserecht

Die landestypische Verpflichtung, zum Abendessen in einem gehobenen Hotel eine lange Hose zu tragen, stellt keine Beeinträchtigung der Reise dar.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Ein Ehepaar buchte bei einem Reiseunternehmen für den August 2009 eine 10-tägige Pauschalreise mit Halbpension nach Heraklion zum Preis von 2074 Euro. Als sie sich zum Abendessen in das Restaurant des Hotels begaben, wurde der Mann darauf hingewiesen, dass er doch bitte statt der ¾-langen Hose eine lange tragen möchte.

Dieser fühlte sich ungerecht behandelt und bloßgestellt und verlangte 414 Euro zurück. Im Reisekatalog sei kein Hinweis auf den Kleiderzwang vorhanden gewesen. Ansonsten hätten sie den Urlaub auch nicht gebucht. Er und seine Ehefrau seien aus beruflichen Gründen im täglichen Leben auf das Tragen von geschäftsmäßiger Kleidung angewiesen und wollten sich daher gerade im Urlaub einer Kleiderordnung nicht unterwerfen.

Das Reiseunternehmen zahlte nicht. Eines Hinweises im Katalog hätte es nicht bedurft. In einem Hotel der gehobenen Mittelklasse sei es selbstverständlich, in langen Hosen zum Abendessen zu erscheinen.

Der zuständige Richter des Amtsgerichts München wies die Klage ab:

Die landestypische Verpflichtung, zum Abendessen in einem gehobenen Hotel eine lange Hose zu tragen, stellt keine Beeinträchtigung der Reise dar. Dass es auch und gerade in südeuropäischen Ländern üblich ist, zur Schonung des ästhetischen Empfindens anderer Hotelgäste wenigstens abends lange Beinkleidung vorzuschreiben, ist gerichtsbekannt und dürfte auch dem Kläger geläufig sein.

Die Wirksamkeit einer solchen Bekleidungsvorschrift hängt auch nicht davon ab, ob sie in der Katalogbeschreibung des Hotels aufgeführt ist. Es handele sich um eine Ausprägung lokaler Sitten und Gebräuche, die bei einem Reisenden als bekannt vorausgesetzt werden dürfen, von diesem jedenfalls hinzunehmen sind.

Auf alle landestypischen Gebräuche, denen ein Reisender möglicherweise ausgesetzt sein könnte und die hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung unterhalb jeglicher Erheblichkeitsschwelle liegen, kann ein Reiseunternehmen in keinem Katalog hinweisen.

Ist jemand nicht bereit, sich bei Auslandsreisen in gewissem Maße landestypischen Gebräuchen zu beugen, muss er zuhause bleiben.

Zudem war Kläger nicht gezwungen, eine „geschäftsmäßige Kleidung“ zu tragen. Es wurde lediglich eine lange Hose verlangt, die der Kläger auch mit sich führte.

Das Urteil ist rechtskräftig.


AG München, 16.06.2010 - Az: 223 C 5318/10

Quelle: PM des AG München

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