AKW-Unfall und Strahlenbelastung sind höhere Gewalt und berechtigen zum Rücktritt vom Reisevertrag

Reiserecht

Es handelt sich um höhere Gewalt, wenn ein Atomkraftwerk beschädigt wurde und es in der Folge zu einer Strahlenbelastung gekommen ist, die eine Gesundheitsgefahr darstellt.

Eine gebuchte Reise ist in diesem Fall erheblich beeinträchtigt und gefährdet - der Reisevertrag kann gekündigt werden.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 500,00 € nach § 812 Abs. 1 BGB verlangen. Der rechtliche Grund ist nach der wirksamen Kündigung des Reisevertrags durch die Klägerin vom 29.03.2011 weggefallen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt hier ein Fall der höheren Gewalt im Sinne des § 651j BGB vor, Die Naturkatastrophe vom 11. März 2011 in … führte unter anderem zur Beschädigung des Atomkraftwerks in …. Diese Ereignisse konnten weder die Klägerin noch die Beklagte bei Vertragsabschluss vorhersehen. Die Naturkatastrophe und die Beschädigung des Atomkraftwerks in … mit der Folge, dass die Strahlenbelastung für die Umwelt derart stieg, dass Gesundheitsgefahren bestanden, beeinträchtigt und gefährdet die Reise erheblich.

Folglich liegt ein Fall der höheren Gewalt vor. Dabei kommt es auf die genaue Strahlenbelastung im Großraum … nicht an. Denn entscheidend ist hier, dass zum Zeitpunkt der Kündigung und des Reiseantritts nicht mit Sicherheit beurteilt werden konnte, wie sich die Lage im Atomkraftwerk … entwickelt, ob es weitere Reaktorunfälle oder Komplikationen geben wird. Über die mit der geplanten Reise verbundenen Gefahren hat somit eine große Ungewissheit bestanden. Das Risiko, dass eine erhöhte Strahlenbelastung auch in … nicht auszuschließen war, ist der Klägerin nicht zuzumuten gewesen.

Nach §§ 651j Abs. 2 Satz 1, 651e Abs. 3 Satz 2 BGB kann die Beklagte nach der Kündigung eine Entschädigung für bereits erbrachte Leistungen verlangen. Welche Leistungen die Beklagte bereits erbracht hat, hat sie nicht dargetan. Die konkret dargelegten und in Aussicht gestellten Stornokosten kann die Beklagte nicht, auch nicht wie sie meint zur Hälfte, verlangen. Denn diese begründen sich allein im Verhältnis zwischen Veranstalter und Leistungsträger. Diese Kosten wurden weder von der Beklagten erbracht, noch gehören sie zu den bis zur Beendigung der Reise zu erbringenden Reiseleistungen. Darüber hinaus ist es in der Sache auch nicht gerechtfertigt, der Klägerin das „Investitionsrisiko“ der Beklagten anteilig aufzubürden.

Auf die Rechtsfolgen nach einem Rücktritt vom Vertrag kommt es folglich nicht an. Auch hiernach stünde der Beklagten ein Anspruch gegen die Klägerin nicht zu. Denn eine Vereinbarung zwischen den Parteien bezogen auf eine Pauschalentschädigung hat die Beklagte nicht unter Beweisantritt dargetan. Die Darlegungen der Beklagten zu Gewinnverlusten und entstandenen Stornokosten entsprechen keiner Berechnung des Anspruchs nach § 651i Abs. 2 BGB.


AG Berlin-Neukölln, 30.11.2011 - Az: 9 C 298/11

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