Biene im Pitot-Rohr eines Flugzeuges ist ein außergewöhnlicher Umstand

Reiserecht

Im vorliegenden Fall ging es um die Frage ob eine Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung zu zahlen war. Der Flug, für den eine planmäßige Abflugzeit um 19:50 Uhr vorgesehen war, flog erst am folgenden Tag um 03:05 Uhr von dem Flughafen in Antalya ab. Die späteren Kläger erlitten also durch diese Verspätung einen Zeitverlust von erheblich mehr als drei Stunden. Zur Entlastung brachte die Fluggesellschaft vor, dass sich eine Biene im Pitotrohr befand, was zu einer Fehlermeldung führte, die eine Weiternutzung des Fluggerätes unmöglich machte. Das Pitotrohr ist ein einseitig offenes Rohr zur Messung der Geschwindigkeit des Flugzeugs.
Es mag zutreffend sein, dass es sich hierbei um einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der EU-Verordnung handelt. Entgegen der Einschätzung der Fluggesellschaft genügt dies jedoch noch nicht zur Entlastung im Sinne des Gesetzes, weil die Biene im Pitotrohr zunächst lediglich einen Vorflug betraf. In einem solchen Fall reicht es nämlich nicht aus,  dass das Luftfahrunternehmen nur darlegt und ggf. beweist, dass es alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um den außergewöhnlichen Umstand zu vermeiden.
Unabhängig davon, dass die Fluggesellschaft nicht vorgetragen hat, welche Maßnahmen sie ergriffen hat, um das Eindringen der Biene in das Pitotrohr zu vermeiden oder weswegen ihr das Ergreifen etwaiger Maßnahmen unmöglich war, hätte sie jedenfalls im Hinblick auf die Tatsache, dass die Biene zunächst lediglich den Vorflug betraf, konkret dazu vortragen müssen, welche Maßnahme sie ergriffen hat, um die Verspätungen der nachfolgenden Flüge zu vermeiden bzw. weswegen ihr derartige Maßnahmen nicht zumutbar waren. Denn der EuGH hat klargestellt, dass das Risiko von Störungen im vorangegangenen Flugbetrieb grundsätzlich den Luftfahrtunternehmen zuzurechnen ist und diese mit der mit dem Eintritt etwaiger außergewöhnlicher Umstände verbundenen Möglichkeit von Verspätungen bei der Flugplanung rechnen und diese angemessen berücksichtigen müssen (EuGH, 12.5.2011, Az: C-294/10).
Zwar seien sie nicht verpflichtet, allgemein und undifferenziert Mindestreserven einzuplanen, die für die sämtlichen Luftfahrtunternehmen unterschiedslos in allen Situationen des Eintritts außergewöhnlicher Umstände gelte, wobei auch der Umfang der geforderten Zeitreserve nicht zu Opfern veranlassen dürfe, die angesichts der Kapazitäten zum jeweiligen Zeitpunkt nicht tragbar seien. Hierzu hat die insoweit darlegungsbelastete Fluggesellschaft jedoch nichts vorgetragen. Insbesondere geht aus ihrem Vortrag nicht hervor, welche Zeitreserve zwischen dem Vorflug bzw. den Vorflügen und dem streitgegenständlichen Flug bestand und inwieweit sie Verspätungen aufgrund derartiger außergewöhnlicher Umstände in ihren Flugumlauf eingeplant und berücksichtigt hat.
Aus ihrem Vortrag geht noch nicht einmal eindeutig hervor, ob die Biene den unmittelbaren Vorflug betraf oder ob das Fluggerät zwischen dem unmittelbar betroffenen Flug und dem streitgegenständlichen Flug noch weitere Flüge hätte durchführen müssen. Darüber hinaus hat die Fluggesellschaft auch nicht dargetan, dass es ihr unter Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und finanziellen Mittel offensichtlich nicht möglich gewesen wäre, die Verspätung der nachfolgenden Flüge zu vermeiden, ohne angesichts ihrer Kapazitäten zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht tragbare Opfer zu erbringen (vgl. BGH, 14.10.2010 - Az: Xa ZR 15/10).
Zwar führte die Fluggesellschaft aus, sie habe den streitgegenständlichen Flugumlauf, für den die wegen der Biene im Pitotrohr nicht einsatzfähige Maschine vorgesehen war, auf ein anderes Fluggerät umdisponiert. Dass etwaige weitere Umdisponierungen von weiteren Fluggeräten oder anderweitige mit zumutbaren Opfern verbundene Maßnahmen zur Verhinderung der Verspätung des bzw. der Folgeflüge nicht möglich waren, wurde von der Fluggesellschaft jedoch nicht behauptet.

Somit hatten die Kläger Anspruch auf die entspr. EU-Ausgleichszahlung.


AG Düsseldorf, 27.09.2013 - Az: 36 C 6837/13

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