Die Gewerkschaft hat es angekündigt: Der Luftverkehr soll bestreikt werden. Für viele Reisende, die von einer Streikmaßnahme betroffen sind, stellt sich die Frage, welche Rechte ihnen zustehen.
Zunächst einmal wird die Fluggesellschaft in aller Regel von sich aus bemüht sein, den Schaden so gering wie möglich zu halten und Reisende, deren Flug nicht starten kann, auf andere Flüge umzubuchen.
Hinsichtlich der Rechtslage kommt es auf die Art des betroffenen Flugs an.
Linienflüge
Reisende, die einen Linienflug gebucht haben, können eine Umbuchung verlangen. Die Umbuchung ist kostenlos. Betroffene Passagiere haben einen Anspruch auf eine solche Umbuchung.
Ein für die Fluggesellschaft unbeherrschbarer Streik ist ein außergewöhnlicher Umstand. Ein Anspruch auf EU-Ausgleichszahlung besteht daher nicht (BGH, 21.08.2012 - Az:
X ZR 138/11 und X ZR 146/11). Dies ist aber nur dann der Fall, wenn es sich um einen Streik handelt, der
nicht von Beschäftigten des ausführenden Luftfahrtunternehmens durchgeführt wird (z.B. ein
Fluglotsenstreik oder ein
Streik des Flughafenpersonals).
Die Fluggesellschaft ist aber auch dann verpflichtet, alles ihr Mögliche zu unternehmen, um die Folgen zu minimieren.
Ein Streik von Beschäftigten des ausführenden Luftfahrtunternehmens ist kein außergewöhnlicher Umstand, der einer
EU-Ausgleichszahlung engegenstehen könnte. Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Streik unter Beachtung der Anforderungen des nationalen Rechts organisiert wird.
Ein Streik ist als eine der möglichen Erscheinungsformen von Kollektivverhandlungen, unabhängig von den Besonderheiten des entsprechenden Arbeitsmarktes oder des anwendbaren nationalen Rechts zur Umsetzung dieses Grundrechts, als ein Vorkommnis anzusehen, das Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden
Arbeitgebers ist. Zudem ist ein Streik als eine für jeden Arbeitgeber vorhersehbare Tatsache anzusehen, insbesondere, wenn ein solcher Streik angekündigt wurde.
Der Arbeitgeber verfügt grundsätzlich über die Mittel, sich auf einen Streik vorzubereiten und damit dessen Folgen gegebenenfalls abzufangen, da für ihn der Ausbruch eines Streiks ein vorhersehbares Ereignis darstellt.
Insofern kann ein ausführendes Luftfahrtunternehmen dessen Beschäftigte zur Durchsetzung besserer Arbeitsbedingungen und einer höheren Bezahlung streiken, nicht behaupten, es habe keinerlei Einfluss auf die Streikmaßnahmen.
Daher kann ein Streik von Beschäftigten eines ausführenden Luftfahrtunternehmens nicht als „außergewöhnlicher Umstand“ im Sinne der Verordnung über die Fluggastrechte angesehen werden, wenn er mit Forderungen in Bezug auf die Arbeitsbedingungen zwischen dem Unternehmen und seinen Beschäftigten verbunden ist, die im Rahmen des betriebsinternen sozialen Dialogs verhandelt werden können, was bei Gehaltsverhandlungen der Fall ist (EuGH, 23.03.2021 - Az:
C-28/20).
Es sollte zudem beachtet werden, dass der Europäische Gerichtshof entschieden hat, dass sich eine Fluggesellschaft auch bei einem wilden Streik nicht ohne Weiteres auf außergewöhnliche Umstände berufen kann (Az:
C-195/17, C-197/17 bis C 203/17, C-226/17, C-228/17, C-254/17, C-274/17, C-275/17, C-278/17 bis C-286/17 und C-290/17 bis C-292/17).
Pauschalreise mit Flug
Handelt es sich um eine
Pauschalreise und nicht um einen Linienflug, so muss der
Reiseveranstalter sich um eine alternative Beförderung für betroffene Reisende kümmern.
Ab einer
Verspätung von mehr als vier Stunden am Ankunftsort kann der Reisende eine anteilige Minderung des Reisepreis durchsetzen.
Verkürzt sich ein ohnehin kurzer Urlaub durch die Streikmaßnahmen erheblich, kommt sogar die Stornierung der Reise in Betracht. In diesem Fall muss der Reiseveranstalter den Reisepreis erstatten.
Wird der Flug nicht durchgeführt, hat der Reisende zumindest einen Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Reisepreises.
Schadensersatzpflicht
Erleidet der
Reisende durch hierdurch entstehende
Verspätungen Schäden, etwa weil ein geplanter Geschäftstermin platzt, ist die Fluggesellschaft nicht zwingend einstandspflichtig.
Die gesetzliche Haftung greift allenfalls dann, wenn die Fluggesellschaft die Verspätung zu vertreten hat. Das allerdings ist nicht der Fall, wenn die Verzögerung auf einen
Streik des Personals zurückzuführen ist.
Gleiches gilt, wenn die Fluggesellschaft wegen Streiks in Einzelfällen oder auch über einen längeren Zeitraum überhaupt nicht in der Lage ist, gebuchte Flüge durchzuführen. Auch hier ist ihr kein Verschulden anzulasten, Schadenersatzansprüche bestehen nicht.
Letzte Änderung:
12.09.2023