Insolvenzversicherung im Reiserecht: Schutz des Reisenden

Reiserecht

Jeder Reiseveranstalter ist verpflichtet, eine Versicherung abzuschließen, die den Reisenden vom Risiko der Insolvenz des Veranstalters weitgehend entlastet (§§ 651r und 651w BGB).

Ausnahmen hiervon bestehen seit der EU-weiten Harmonisierung nicht mehr. Auch inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts, die als Reiseveranstalter auftreten und über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren grundsätzlich unzulässig ist, müssen daher eine Insolvenzversicherung vorhalten.

Auch Vermittler verbundener Reiseleistungen haben grundsätzlich bei Entgegennahme von Zahlungen auf vermittelte Reiseleistungen fremder Leistungserbringer („verbundene Reiseleistung“) für den Fall eigener Insolvenz eine entsprechende Insolvenzversicherung vorzuhalten. Eine verbundene Reiseleistung kann dann vorliegen, wenn der Reisende im Reisebüro mindestens zwei verschiedene Leistungen für dieselbe Reise bucht.

Die Versicherung kann durch das Zahlungsversprechen eines deutschen Kreditinstituts ersetzt werden (insolvenzsicheres Treuhandkonto). Hat der Veranstalter seine Hauptniederlassung nicht in Deutschland sondern in einem anderen EU Staat oder in einem EWR-Staat, so  reicht eine Absicherung nach den Vorschriften dieses Staates aus.

Die Insolvenzversicherung kommt bei Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz des Reiseveranstalters bzw. Reisemittlers für die Rückzahlung der vom Reisenden bereits geleisteten An- und Restzahlungen aber auch für den Ersatz der Aufwendungen für die Kosten der Rückreise auf.

Versichert sind der Reisepreis und die notwendigen Aufwendungen für eine Rückreise vom Urlaubsort. Dazu gehört auch, dass der Reisende Ersatz erhält, wenn er Leistungen, die im Reisepreis enthalten sind, wie z.B. Hotelkosten noch einmal bezahlen muss. Wird die Reise wegen Zahlungsunfähigkeit des Veranstalters abgebrochen, zahlt die Versicherung natürlich nur den Teil des Reisepreises zurück, der nicht durch bereits erbrachte Leistungen „verbraucht“ ist.

Sicherungsschein ist Pflicht

Der Veranstalter muss dem Reisenden für den Versicherungsfall einen unmittelbaren Anspruch gegen die Versicherung oder das Kreditinstitut verschaffen und dem Reisenden eine entsprechende Bestätigung der Versicherung oder des Kreditinstituts, einen sog. Sicherungsschein, übergeben.

Keine Zahlung ohne Sicherungsschein

Vor der Übergabe des Sicherungsscheins muss der Reisende, solange die Reise nicht abgeschlossen ist (und damit für den Reisenden kein Risiko mehr besteht) keine Zahlungen an den Veranstalter leisten. Wird der Sicherungsschein nicht übergeben, kann der Reisende den Reisevertrag jedenfalls dann kündigen, wenn er den Veranstalter zuvor gemahnt und ihm eine Frist gesetzt hat.

Ein Reiseveranstalter bzw. Vermittler darf Zahlungen von Kunden erst nach Ausgabe des Sicherungsscheines entgegennehmen.

Problem: Deckelung der Schadenssumme

Die gesetzliche Vorgabe des § 651r BGB beinhaltet eine Deckelung des Absicherungsbetrags seitens der Insolvenzversicherung:

Der Versicherer oder das Kreditinstitut (Kundengeldabsicherer) kann seine Haftung für die von ihm in einem Geschäftsjahr insgesamt nach diesem Gesetz zu erstattenden Beträge auf 110 Millionen Euro begrenzen. Übersteigen die in einem Geschäftsjahr von einem Kundengeldabsicherer insgesamt nach diesem Gesetz zu erstattenden Beträge den in Satz 3 genannten Höchstbetrag, so verringern sich die einzelnen Erstattungsansprüche in dem Verhältnis, in dem ihr Gesamtbetrag zum Höchstbetrag steht.

Dieser Betrag ist unter zwei Aspekten problematisch. Wie sich bereits gezeigt hat, genügt der Betrag bereits für einen größeren Reiseveranstalter nicht um alle Reisenden komplett abzusichern (vgl. Thomas Cook Insolvenz). Zudem gilt der Höchstbetrag für alle Absicherungen, die der Versicherer oder das Kreditinstitut vorgenommen hat – also über alle Reiseveranstalter und Reisevermittler. So kann es auch bei mehreren Insolvenzen kleinerer Anbieter schnell dazu kommen, dass der Höchstbetrag ausgeschöpft wird und die Betroffenen nur eine anteilige Zahlung erhalten.

Insolvenzsicherung durch Reisesicherungsfonds

Die Insolvenzsicherung soll künftig über einen Reisesicherungsfonds erfolgen. Diese Neuregelung wird nach einer Übergangsphase für Reisebuchungen ab 01.11.2021 verpflichtend sein.

Lediglich für kleine Unternehmen mit einem jährlichen Pauschalreiseumsatz von weniger als zehn Millionen Euro bleibt eine Absicherung außerhalb des Fonds, beispielsweise mittels einer Versicherung oder Bürgschaft, zulässig. Für alle anderen Reiseveranstalter gilt, dass diese einen Absicherungsvertrag mit dem Reisesicherungsfonds abschließen müssen, wenn der Reiseveranstalter gesetzlich zur Insolvenzsicherung verpflichtet ist. Das ist der Fall, wenn er Vorauszahlungen fordert oder annimmt und/oder der Pauschalreisevertrag eine Rückbeförderung des Reisenden umfasst. Der Reisesicherungsfonds gewährleistet dann im Verhältnis zum Reisenden die Erfüllung der Pflichten des Reiseveranstalters zur Erstattung der Vorauszahlungen und zum Rücktransport der Reisenden.

Diese Regelungen gelten entsprechend auch für Vermittler verbundener Reiseleistungen.

Das Fondsvermögen muss die Insolvenz des umsatzstärksten Reiseanbieters sowie eines weiteren Reiseanbieters mittlerer Umsatzgröße abdecken. Es müssen jedoch immer mindestens 15% des Gesamtmarktes abgedeckt sein. Liegt die Summe der Marktanteile des größten und des mittleren Reiseanbieters darunter, ist die Mindestabdeckung von 15% maßgeblich. Das Fondsvermögen soll aus den Entgelten der Reiseanbieter gebildet werden. Während der Aufbauphase gilt dies uneingeschränkt, anschließend kann ein Viertel des erforderlichen Kapitals auch durch eine unwiderrufliche Kreditzusage gebildet werden. Die Höhe der Entgelte ist vom Fonds entsprechend festzusetzen, sie muss in der Aufbauphase aber mindestens 1% des Umsatzes der Reiseanbieter betragen.

Der Reisesicherungsfonds kann als Voraussetzung für den Abschluss eines Absicherungsvertrages mit einem Reiseanbieter verlangen, dass der Reiseanbieter eine individuelle Sicherheitsleistung stellt.

Der Reisesicherungsfonds hat ausschließlich den Aufbau und den Erhalt von Kapital, den Abschluss von Absicherungsverträgen und die Abwicklung von möglichen Schäden zum Gegenstand.

Die bislang bestehende Möglichkeit der Kundengeldabsicherer, ihre Haftung auf 110 Millionen Euro zu begrenzen, wird durch eine Änderung des § 651r BGB gestrichen. Der Reisesicherungsfonds haftet für Insolvenzschäden der bei ihm abgesicherten Reiseanbieter mit dem gesamten Fondsvermögen.

Letzte Änderung: 02.11.2023

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