Auch wenn die vom Betroffenen geltend gemachten Umstände nicht ausreichen, um eine
Geschwindigkeitsüberschreitung gemäß § 16 OWiG zu rechtfertigen, kann ein mit einem Rettungswillen begangener
Verkehrsverstoß dazu führen, dass sich nach einer Abwägung aller relevanten Umstände ergibt, dass dem
Fahrzeugführer dieser Verkehrsverstoß nicht als grobe Pflichtverletzung anzulasten ist.
Der Betroffene hatte im vorliegenden Fall gegenüber dem Anhaltebeamten angegeben, er habe es eilig gehabt, seine Mutter sei gestürzt, sein Vater sei schon ein hundertprozentiger Pflegefall und er, der Betroffene, habe seiner Mutter zu Hilfe eilen wollen, da keine anderweitige Hilfe zur Verfügung gestanden habe.
Zwar ist es grundsätzlich anerkannt, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit dem Ziel, einer, fremden Person erste Hilfe zu leisten, nach § 16 OWiG gerechtfertigt sein kann. Dies hängt jedoch jeweils von den Umständen des Einzelfalles ab und setzt jedenfalls voraus, dass die Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit überhaupt ein geeignetes Mittel zur Gefahrenabwehr war, sie also im konkreten Fall nicht nur einen geringen Zeitgewinn bewirkt.
Zwar hat das Amtsgericht hier nicht festgestellt, welche Fahrtstrecke der Betroffene insgesamt zu schnell zurückgelegt hat, was bei der Frage, ob dadurch ein erheblicher Zeitgewinn zu erzielen ist, zu berücksichtigen gewesen wäre. Dies konnte hier jedoch dahinstehen, da der Betroffene selbst nicht vorgetragen hat, einen anderen Ausweg aus der Notsituation gesucht zu haben.
Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung nämlich anerkannt, dass die Rechtfertigung einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch Notstand i. S. des § 16 OWiG schon dann nicht in Betracht kommt, wenn der Betroffene zwar einen medizinischen Notfall behauptet, aber selbst nicht vorträgt, vergeblich einen anderen Ausweg aus der Notsituation, etwa die fernmündliche Benachrichtigung eines Arztes oder der Feuerwehr, gesucht zu haben.
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