Hinter dem Begriff Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs verbirgt sich die Gefährdungshaftung, die verschuldensunabhängig beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs besteht. Denn durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs wird erlaubterweise eine Gefahrenquelle geschaffen (BGH, 26.02.2013 - Az: VI ZR 116/12).
Damit die Betriebsgefahr greift, muss es in örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zu einem Schaden gekommen sein (vgl. BGH, 21.01.2014 - Az: VI ZR 253/13).
Damit ergänzt die Gefährdungshaftung die Haftung, die aufgrund einer Sorgfaltspflichtverletzung besteht. Es genügt der Umstand, dass eine Gefahr vom Fahrzeug ausgeht und sich eben diese realisiert, um eine (Mit-)Haftung zu begründen. Insoweit wird im Verkehrsrecht von der (reinen) Verschuldenshaftung abgewichen.
Die Betriebsgefahr ist auf Kraftfahrzeuge beschränkt und gilt nicht für Fahrräder oder Kraftfahrzeuge die einer ebenen Bahn nicht schneller als 20 km/h fahren können (§ 8 StVG).
Was bedeutet Sorgfaltspflicht im Verkehrsrecht?
Unter der Sorgfaltspflicht ist allgemein die Pflicht zu verstehen, sich umsichtig und achtsam zu verhalten.
Eine Sorgfaltspflichtverletzung liegt dann vor, wenn ein Schaden verursacht wurde, weil die im Verkehr zu erwartende Sorgfalt nicht aufgewendet wurde. Wer diese Sorgfalt verletzt, handelt fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB).
Im Verkehrsrecht bedeutet dies konkret, dass die erforderliche Sorgfalt anzuwenden ist, um unnötige Schäden oder Risiken für Dritte abzuwenden.
Diese Definition ist äußerst dehnbar, der Begriff der Sorgfaltspflicht daher nur sehr schwer zu umreißen. Letztendlich kommt es hinsichtlich der Sorgfaltspflicht immer auf den konkreten Einzelfall an. Maßstab ist die Sorgfalt eines durchschnittlichen Kraftfahrers. Es kommt also darauf an, ob sich ein besonnener und gewissenhafter Kraftfahrer mit durchschnittlichem Fahrvermögen in der konkreten Gefahrenlage anders verhalten hätte. Hieraus ist der Inhalt der Sorgfaltspflicht im konkreten Fall zu entwickeln.
Was versteht man unter Gefährdungshaftung?
Der
Halter eines Kraftfahrzeugs haftet auch ohne Sorgfaltspflichtverletzung für Personen- und Sachschäden, die beim Betrieb des Fahrzeugs entstehen (
§ 7 StVG: Gefährdungshaftung).
Diese Haftung ist nur dann ausgeschlossen, wenn ein Fremdschaden durch höhere Gewalt verursacht wird. Davon spricht man, wenn ein Schaden durch ein von außen einwirkendes, außergewöhnliches und nicht abwendbares Ereignis verursacht wird.
Auch Schäden, die beim oder im Zusammenhang mit dem Beladen eines Kraftfahrzeugs verursacht werden, können der Betriebsgefahr zuzurechnen sein.
Der
Fahrzeugführer kann gegen ihn gerichtete Ansprüche aus Gefährdungshaftung dadurch abwehren, dass er fehlendes Verschulden nachweist (
§ 18 StVG).
Haftungsverteilung und das Zurücktreten der Betriebsgefahr
Ist auch der Geschädigte Halter eines der unfallbeteiligten Fahrzeuge, stellt sich also grundsätzlich das Problem der Mithaftung (Haftungsverteilung).
Die Schadensverteilung unter den Haltern mehrerer an einem
Unfall beteiligter Fahrzeuge richtet sich zunächst nach dem Grad der Schadensverursachung (
§ 17 Abs. 2 StVG).
Im Normalfall liegt die Haftung aufgrund der Betriebsgefahr zwischen 20 und 30%, wobei es immer auf den konkreten Einzelfall ankommt. Bei größeren, schweren Fahrzeugen mit längerem Bremsweg (z.B. Busse, Lkw etc) erhöht sich die Betriebsgefahr auf höhere Werte, i.d.R. zwischen 30 und 40%.
Dies bedeutet, dass ein schuldlos Unfallgeschädigter normalerweise lediglich ca. 80% seines Schadens geltend machen kann. Bei einer Teilschuld des Geschädigten reduziert sich dieser Anteil entsprechend weiter.
Für den Fall, dass bei einem Unfall das Verschulden des Schädigers massiv überwiegt - z.B. bei grob verkehrswidrigen Verhalten - wird die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Geschädigten vermindert und kann auch völlig zurücktreten. Dies führt dann zur vollständigen Haftung des Schädigers.
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Letzte Änderung:
13.09.2023