Unfall im Ausland und die Schadensregulierung

Verkehrsrecht

Wie verhält sich ein Unfallbeteiligter richtig?

Das Verhalten bei einem Unfall im Ausland ist von großer Bedeutung, insbesondere dann, wenn es sich um einen Verkehrsunfall im Ausland handelt. Die Maßnahmen, die bei einem Unfall im Ausland ergriffen werden müssen, variieren je nach dem Land, in dem der Unfall stattgefunden hat.

Grundsätzlich sollte man sich bei einem Auslandsunfall ebenso wie im Inland verhalten: Unfallstelle sichern und ggf. Erste Hilfe leisten. Erscheint der Sachschaden hoch oder sind Personen zu Schaden gekommen, sollte die Polizei gerufen werden.

In Bulgarien, Kroatien, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn ist die Polizei auch bei einem Bagatellschaden zu rufen, da das polizeiliche Protokoll Basis der Schadensregulierung ist.

Anschließend sind der Unfallhergang und die relevanten Daten (Adresse, Kennzeichen, Versicherungsdaten) zu dokumentieren - ggf. sollten auch Fotos erstellt werden und ein internationaler Unfallbericht ausgefüllt werden.

Wie wird der Schaden verfolgt?

Der betroffene deutsche Autofahrer kann seinen im Ausland erlittenen Schaden zunächst in Deutschland verfolgen.

Nach Artikel 11 Abs. 2, 9 Abs. 1 b) VO (EG) 44/2001 Anerkennungs- und Vollstreckungszuständigkeitsverordnung kann ein Haftpflichtversicherer in einem anderen europäischen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem der Kläger als Begünstigter seinen Wohnsitz hat, verklagt werden.

Handelt es sich um einen Unfall innerhalb der EU, kann auch auf die Hilfe des Zentralrufs der Autoversicherer als zentrale Auskunftsstelle und die Verkehrsopferhilfe e.V. als gesetzliche Entschädigungsstelle zurückgegriffen werden. Damit können Unfälle und Schäden im ganzen Gebiet der EU künftig einfacher abgewickelt werden.

Das Gesetz regelt vier Schwerpunkte:
 

1. Jeder Mitgliedsstaat der EU hat eine zentrale Auskunftsstelle, die alle Daten und Informationen zur Verfügung stellt, die ein Betroffener zur Regulierung seiner Ansprüche aus dem Verkehrsunfall braucht. Wenn z.B. ein deutscher Geschädigter nur das ausländische Kennzeichen des Fahrzeugs des Unfallgegners kennt, sagt ihm die deutsche Auskunftsstelle, wer der konkrete Versicherer und dessen Beauftragter für Schadenregulierung ist.

2. Jede Versicherung hat einen zuständigen Schadenregulierungsbeauftragten in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union, an den sich Betroffene ohne Sprachbarrieren wenden können.

3. Die Versicherungen müssen Schäden aus Verkehrsunfällen unverzüglich, spätestens aber innerhalb einer Frist von drei Monaten, regulieren. Gelingt das nicht, müssen sie das dem Geschädigten gegenüber mit Gründen schriftlich mitteilen.

4. Nach Ablauf der Frist reguliert eine Entschädigungsstelle den Schaden und rechnet mit der zuständigen ausländischen Versicherung ab.

Auch bei Unfallschäden in Liechtenstein, Island und Norwegen kann eine Schadensregulierung in Deutschland erfolgen. Bei Personenschäden kann jedoch eine Regulierung sofort vor Ort zu empfehlen sein.

Kam es außerhalb der genannten Länder zu einem Verkehrsunfall, so ist der Schaden direkt beim ausländischen Haftpflichtversicherer anzumelden. In solchen Fällen ist das Hinzuziehen eines Anwalts vor Ort anzuraten.

Anwendbares Recht bei Verkehrsunfall im Ausland

Die Frage, ob der Verletzte seinen Ersatzanspruch unmittelbar gegen einen Versicherer des Ersatzpflichtigen geltend machen kann, richtet sich gemäß Art. 40 Abs. 4 EGBGB alternativ nach dem auf die unerlaubte Handlung oder dem auf den Versicherungsvertrag anzuwendenden Recht. Die Bestimmung sieht eine echte Alternativanknüpfung vor; der Direktanspruch ist nicht nur subsidiär aus dem Versicherungsvertragsstatut herzuleiten.

Führen die beiden Anknüpfungsalternativen zu unterschiedlichen Rechtsordnungen, ist das für den Geschädigten im konkreten Einzelfall günstigere Recht anzuwenden. Der Verletzte muss sich nicht auf eine der in Betracht kommenden Rechtsordnungen berufen; vielmehr hat das Gericht von Amts wegen das dem Geschädigten günstigere Recht zu ermitteln (BGH, 01.03.2016 - Az: VI ZR 437/14).

Anwendbares Recht bei Verkehrsunfall zwischen Personen mit Aufenthaltsort in Deutschland
Haben die an einem ausländischen Unfallgeschehen beteiligten Personen ihren ständigen Aufenthaltsort in Deutschland, richtet sich die Haftung für den Verkehrsunfall nach deutschem Recht (Art. 4 Abs. 2 ROM II-VO). Die Ausweichklausel des Art. 4 Abs. 3 Rom-II-VO kommt nicht zur Anwendung. Welche Verursachungs- und Verschuldensbeiträge in die gemäß § 17 Abs. 2 StVG vorzunehmende Haftungsabwägung einzustellen sind, beurteilt sich demgegenüber gemäß Art. 17 Rom- II-VO nach dem am Unfallort geltenden Straßenverkehrsrecht.

Prüffrist des Kfz-Haftpflichtversicherers bei Unfall im Ausland

Auch bei Verkehrsunfällen mit Auslandsberührung ist die dem Pflichtversicherer einzuräumende Prüffrist nach den Umständen des Einzelfalles zu bemessen, wobei die wohl überwiegende Rechtsprechung bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen, beginnend ab dem Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens, als angemessen ansieht.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich der oben genannte Zeitraum verlängern; das gilt insbesondere bei komplexeren Unfallhergängen oder in Fällen mit Auslandsberührung. Allerdings verbietet sich auch hier jede generalisierende Betrachtungsweise; maßgebend sind vielmehr stets die Umstände des Einzelfalles (OLG Saarbrücken, 25.09.2017 - Az: 4 W 18/17).

Letzte Änderung: 01.12.2023

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