Rechtsprobleme lösen. Rechtsberatung per   E-Mail  -   Video  -   Telefon  -   WhatsAppBewertung: - bereits 359.913 Anfragen

Haftung von Luftfahrtunternehmen bei Verlust von Reisegepäck auf 1000 Sonderziehungsrecht begrenzt

Reiserecht

Es handelt sich dabei um einen absoluten Höchstbetrag, der sowohl immaterielle als auch materielle Schäden abdeckt

Nach dem Unionsrecht gilt für die Haftung eines Luftfahrtunternehmens der Union gegenüber Fluggästen und für deren Gepäck das Übereinkommen von Montreal. Dieses Übereinkommen sieht vor, dass das Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Reisegepäck für dessen Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung nur bis zu einem Betrag von 1 000 Sonderziehungsrechten (etwa 1 134,71 Euro) je Reisenden haftet, es sei denn, dass der Reisende bei der Übergabe des Reisegepäcks an das Luftfahrtunternehmen das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort betragsmäßig angegeben und den verlangten Zuschlag entrichtet hat. Im letztgenannten Fall hat das Luftfahrtunternehmen grundsätzlich bis zur Höhe des angegebenen Betrags Ersatz zu leisten.
Herr Walz erhob am 14. April 2008 gegen das Luftfahrtunternehmen Clickair eine Klage, mit der er Schadensersatz für den Verlust des Reisegepäcks verlangt, das er bei einem Clickair-Flug von Barcelona (Spanien) nach Porto (Portugal) aufgegeben hatte. Er fordert eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 3 200 Euro, von denen 2 700 Euro auf den Wert des verlorenen Reisegepäcks und 500 Euro auf den durch diesen Verlust entstandenen immateriellen Schaden entfallen.
Der mit dem Rechtsstreit befasste Juzgado de lo Mercantil nº 4 de Barcelona (Handelsgericht Nr. 4, Barcelona, Spanien) möchte wissen, ob der nach dem Übereinkommen von Montreal beim Verlust von Reisegepäck zu zahlende Haftungshöchstbetrag sowohl materielle als auch immaterielle Schäden umfasst oder ob für materielle Schäden einerseits ein Höchstbetrag von 1 000 Sonderziehungsrechten und für immaterielle Schäden andererseits ein weiterer Höchstbetrag von 1 000 Sonderziehungsrechten gilt, so dass sich der Gesamthöchstbetrag für materielle und immaterielle Schäden zusammengerechnet auf 2 000 Sonderziehungsrechte beläuft.
In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die in der französischen Fassung des Übereinkommens von Montreal für den Begriff „Schaden“ verwendeten synonymen Begriffe „préjudice“ und „dommage“ in diesem Übereinkommen nicht definiert werden. Da mit dem Übereinkommen die Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vereinheitlicht werden sollen, ist der Gerichtshof jedoch der Ansicht, dass diese Begriffe ungeachtet ihrer unterschiedlichen Bedeutungen in den internen Rechtsordnungen der Vertragsstaaten des Übereinkommens einheitlich und autonom auszulegen sind. Der Gerichtshof nimmt daher eine Auslegung des Schadensbegriffs vor, wobei er sich zunächst auf dessen gewöhnliche Bedeutung im allgemeinen Völkerrecht stützt.
Sodann analysiert der Gerichtshof insbesondere die Ziele, die dem Abschluss des Übereinkommens von Montreal zugrunde lagen. Hierzu stellt er fest, dass mit dem Übereinkommen eine strenge Regelung für die Haftung der Luftfahrtunternehmen eingeführt wurde. Insbesondere wird nämlich bei Schäden, die durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck entstehen, von einer Ersatzpflicht des Luftfahrtunternehmens ausgegangen, wenn „das Ereignis, durch das die Zerstörung, der Verlust oder die Beschädigung verursacht wurde, an Bord des Luftfahrzeugs oder während eines Zeitraums eingetreten ist, in dem sich das aufgegebene Reisegepäck in der Obhut des Luftfrachtführers befand“.
Nach Ansicht des Gerichtshofs impliziert eine solche strenge Haftungsregelung, dass für einen „gerechten Interessensausgleich“ gesorgt wird, insbesondere in Bezug auf die Interessen der Luftfahrtunternehmen und der Fluggäste. Dieser „gerechte Interessensausgleich“ erfordert dabei in den verschiedenen Fällen, in denen das Luftfahrtunternehmen nach dem Übereinkommen von Montreal haftet, eindeutige Schadensersatzhöchstbeträge, die sich auf den Gesamtschaden jedes Reisenden in jedem der genannten Fälle beziehen, unabhängig von der Art des ihm entstandenen Schadens. Ein in dieser Weise ausgestalteter Höchstbetrag des Schadensersatzes ermöglicht nämlich eine einfache und schnelle Entschädigung der Fluggäste, ohne dass den Luftfahrtunternehmen eine übermäßige, schwer feststell- und berechenbare Ersatzpflicht aufgebürdet würde, die ihre wirtschaftliche Tätigkeit gefährden oder sogar zum Erliegen bringen könnte.
Im Übrigen weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Reisende nach dem Übereinkommen von Montreal die Möglichkeit hat, bei der Übergabe des aufgegebenen Reisegepäcks an das Luftfahrtunternehmen ein betragsmäßiges Interesse anzugeben und den verlangten Zuschlag zu entrichten. Diese Möglichkeit bestätigt, dass es sich – sofern keine Betragsangaben gemacht werden – bei dem Haftungshöchstbetrag, den das Luftfahrtunternehmen für Schäden, die durch den Verlust von Reisegepäck eintreten, zu zahlen hat, um einen absoluten Höchstbetrag handelt, der sowohl den immateriellen als auch den materiellen Schaden abdeckt.
Daher erklärt der Gerichtshof, dass im Rahmen der Bestimmung der Haftungshöchstbeträge, die Luftfahrtunternehmen für Schäden, die insbesondere durch den Verlust von Reisegepäck eintreten, zu zahlen haben, der Begriff „Schaden“ im Übereinkommen von Montreal dahin auszulegen ist, dass er sowohl materielle als auch immaterielle Schäden umfasst.


EuGH - Az: C-63/09

Quelle: PM des EuGH

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von PCJobs *

Fragen kostet nichts: Sie erhalten ein unverbindliches Angebot für eine Rechtsberatung.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

Unsere Rechtsberatung - von Ihnen bewertet

Durchschnitt (4,84 von 5,00 - 1.136 Bewertungen) - Bereits 359.913 Beratungsanfragen

Sehr schnell einen Termin bekommen und die wichtigsten Fragen konnten fix beantwortet werden. Für einen Laien perfekte erste Hilfe

Verifizierter Mandant

jederzeit wieder

Verifizierter Mandant