Wann ist eine Reise mangelhaft?

Reiserecht

Nicht jede Pauschalreise (mindestens zwei verschiedene gebuchte Reiseleistungen) verläuft so, wie es sich der Reisende gewünscht hat. Doch nicht alles, was dem Urlauber nicht gefällt, stellt einen Reisemangel im rechtlichen Sinn dar. Denn bei vom Reisenden als Mangel empfundenen Problemen kann sich auch um Bagatellen, geringfügige hinzunehmende Mängel oder auch die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos handeln.

Nur dann, wenn die Pauschalreise mangelhaft im reiserechtlichen Sinn ist, kann der Reisende daraus Rechte auf Minderung, Abhilfe, Schadensersatz oder Kostenerstattung ableiten.

Bei einer Individualreise bestehen übrigens keine Gewährleistungsansprüche.

Wann liegt ein Reisemangel vor?

Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die im Reisevertrag zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen (= allgemein erwarteten) oder nach dem Vertrag vorausgesetzten (= speziell vereinbarten) Nutzen aufheben oder mindern (§ 651 i BGB).

Weicht die Reise davon ab, spricht man von einem Reisemangel. Dabei kommt es immer darauf an, ob die Reise insgesamt mangelhaft ist. Dies kann schon der Fall sein, wenn einzelne Reiseleistungen Mängel aufweisen.

Ob eine Reise mangelhaft ist, zeigt der Vergleich der Leistungen, die der Veranstalter nach dem Reisevertrag schuldet mit den tatsächlich erbrachten Leistungen.

Dabei ist zu beachten, dass Reiseverträge in weitem Umfang auf Prospektangaben Bezug nehmen und auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (Reisebedingungen) des Veranstalters verweisen.

Der wesentliche Inhalt des Reisevertrags kann der Reisebestätigung entnommen werden. Auch der gebuchte Reisetyp (z.B. Badeaufenthalt, Sprachreise, Safari usw.) legt den Umfang der vom Veranstalter geschuldeten Reiseleistungen fest.

Ein Verschulden des Reiseveranstalters muss übrigens nicht vorliegen - es sei denn, der Reisemangel ist dem Reisenden selbst zuzurechnen. Maßstab für die Frage, ob ein Mangel vorliegt, ist immer der Durchschnittsreisende. Auf besondere Empfindlichkeiten kommt es für die Bewertung nicht an.

Damit eine entsprechende Bewertung vom Gericht vorgenommen werden kann, sollten die Mängel nachvollziehbar protokolliert werden. Pauschale Bewertungen („das Essen war eintönig“) eignen sich für den Nachweis eines Reisemangels nicht.

Wann liegt eine Unannehmlichkeit vor?

Von Reisemängeln zu unterscheiden sind bloße Unannehmlichkeiten, die der Reisende hinzunehmen hat. Um solche handelt es sich häufig dann, wenn Reisende sich über unvermeidliche Begleiterscheinungen des Massentourismus (z.B. überfüllte Strände in der Hochsaison) oder landestypische Verhältnisse am Urlaubsort (z.B. von deutschen Standards abweichende Sanitär- oder Elektroinstallationen) beschweren.

Handelt es sich beim vorgebrachten Mangel um ein Problem außerhalb der Einflusssphäre des Reiseveranstalters (z.B. Mückenplage am öffentlichen Strand, am Urlaubsort häufig vorkommende Taschendiebstähle etc.), so kann der Reisende daraus keine Ansprüche geltend machen.

Wenn Uneinigkeit darüber herrscht, ob ein Mangel vorliegt

Ganz regelmäßig kommt es zwischen Reiseveranstalter und Reisenden zu Diskussionen darüber, ob es sich bei einer Beanstandung nun um einen Mangel handelt oder nicht. Selbst dann, wenn ein Mangel zwischen den Parteien unstreitig ist, wird es unterschiedliche Bewertungen der Schwere des Mangels – und damit der hinsichtlich der Höhe der angemessenen Minderung des Reisepreises – geben.

Aus diesem Grund werden solche Diskussionen schnell auf juristischem Weg geführt. Kann keine außergerichtliche Einigung erzielt werden, landen solche Fälle auch schnell vor Gericht.

In einer fast unüberschaubaren Fülle von Entscheidungen haben sich die Gerichte daher zu der Frage geäußert, ob in Einzelfällen Reisemängel vorliegen.

Da die Werte, um die zwischen Veranstaltern und Reisenden prozessiert wird, die Grenze von 5.000,-  € selten übersteigen, werden die Prozesse meist erstinstanzlich vor den Amtsgerichten und im Berufungsfall vor den Landgerichten ausgetragen.

Dies hat zur Folge, dass es eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch Urteile der Oberlandesgerichte und des Bundesgerichtshofs kaum gibt und deshalb zu einzelnen Fallsituationen auch einander widersprechende Urteile einzelner Gerichte vorliegen.

Eine Auflistung zahlreicher Urteile zu einzelnen Reisemängeln finden Sie in unserer Mängelliste und in unserer Urteilsdatenbank.

Geltendmachung von Reisemängeln

Es genügt, wenn der Reisende die Mängel gegenüber dem Reisevermittler unverzüglich anzeigt (§ 651 o BGB) und deren Beseitigung verlangt. Dies bedeutet, dass der Mangel i.d.R. vor Ort anzuzeigen ist, damit der Veranstalter die Möglichkeit erhält, ggf. Abhilfe zu schaffen. Nur in Ausnahmefällen ist eine Mängelanzeige entbehrlich - nämlich dann, wenn der Mangel nicht behoben werden kann oder der Mangel dem Veranstalter bereits bekannt ist.

Wurde die Reise über einen Reisevermittler gebucht, so kann der auch dort angezeigt werden (§ 651 v BGB).

Ansprüche müssen innerhalb von zwei Jahren in beweisbarer Form beim Reiseveranstalter angemeldet werden. Bei Fristversäumnis entfällt ein eventueller Anspruch von vornherein.

Wenn der Reiseveranstalter einen Gutschein anbietet

Vorsicht ist geboten, wenn der Reiseveranstalter nach Mängelanzeige oder nach Geltendmachung eines Minderungsanspruchs einen Reisegutschein oder einen Verrechnungsscheck ausstellt. Zum einen besteht keine Verpflichtung des Reisenden, einen Gutschein anzunehmen, da eine Reisepreisminderung auszuzahlen ist und zum anderen kann sowohl die Annahme des Gutscheins als auch das Einlösen des Verrechnungsschecks als Einverständnis über die Höhe der Minderung und den Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs gewertet werden.

Letzte Änderung: 26.02.2024

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