Schadensersatz bei Reisemängeln: Unter welchen Umständen muss der Veranstalter zahlen?

Reiserecht

Ist der Reisende wegen eines Reisemangels zur Minderung des Reisepreises oder zur Kündigung der Reise / des Reisevertrags berechtigt, kann daneben noch Schadensersatz vom Reiseveranstalter verlangen (§ 651n BGB), es sei denn, der Reisemangel

1. ist vom Reisenden verschuldet,

2. ist von einem Dritten verschuldet, der weder Leistungserbringer ist noch in anderer Weise an der Erbringung der von dem Pauschalreisevertrag umfassten Reiseleistungen beteiligt ist, und war für den Reiseveranstalter nicht vorhersehbar oder nicht vermeidbar oder

3. wurde durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände verursacht.

Schadensersatz kann für die wegen des Mangels entstandenen finanziellen Nachteile verlangt werden, wenn der Reiseveranstalter den Mangel schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat.

Reiseveranstalter haftet auch für Erfüllungsgehilfen!

Der Veranstalter hat auch für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen einzustehen.

Unter Erfüllungsgehilfen versteht man alle Personen, deren er sich bedient hat, um den Reisevertrag zu erfüllen, also seine Betriebsangehörigen aber auch Partnerunternehmen, von denen er einzelne Reiseleistungen hat erbringen lassen (z.B. Busunternehmen, Hotelbetriebe).

Wer muss das Verschulden des Veranstalters beweisen?

Im Streitfall muss nicht der Reisende das Verschulden des Veranstalters nachweisen, sondern der Veranstalter muss den „Entlastungsbeweis“ führen.

Ein Verschulden des Veranstalters kann insbesondere in fehlerhafter Vorbereitung, Organisation und Durchführung der Reise oder unzureichender Information des Reisenden begründet sein.

Kein Verschulden liegt vor bei höherer Gewalt, z.B. Naturkatastrophen oder unvorhersehbaren Streiks oder Unruhen und überhaupt dann, wenn der Schaden auf Umständen beruht, die nicht im Einwirkungsbereich des Veranstalters liegen (z.B. Raubüberfall auf Reisende, Tierangriffe), sondern Teil des allgemeinen Lebensrisikos sind.

Beispiele für Verschulden des Reiseveranstalters:

  • Überbuchungen
  • Falsche Angaben im Reiseprospekt
  • Fehlende Hinweise auf gesundheitliche oder gesundheitspolizeiliche
  • Erfordernisse
  • Fehlende Hinweise auf Pass- und Visabestimmungen
  • Unterlassene Information über geänderte Abflugzeiten.

Beispiele für Schäden:

  • Bei Erkrankungen oder Unfällen Arzt- und Krankenhauskosten, Rücktransportkosten
  • Bei verspäteter Rückkehr entgangene Einkünfte
  • Bei Gepäckverlust Wiederbeschaffungskosten
  • Mehrpreis einer anderen Unterkunft bei Überbuchung
  • Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit
Wird die Reise infolge eines vom Veranstalter verschuldeten Mangels ganz vereitelt, also gar nicht erst angetreten oder erheblich beeinträchtigt, kann der Reisende auch eine angemessene finanzielle Entschädigung für die nutzlos aufgewendete („vertane“) Urlaubszeit verlangen (§ 651n Abs. 2 BGB).

Von einer erheblichen Beeinträchtigung kann man im Allgemeinen ausgehen, wenn der Reisemangel so gravierend ist, dass eine Minderung des Reisepreises von mindestens 50% verlangt werden kann.

Entscheidend kommt es auch darauf an, ob infolge des Mangels der Erholungszweck des Urlaubs nicht erreicht werden kann (z.B. bei Badeverbot am Strand bei einem Strand- und Badeurlaub).

Die Gerichte entscheiden zudem uneinheitlich, wenn ein Arbeitnehmer bei Vereitelung einer Reise seinen Urlaub gar nicht antritt sondern verschiebt.

Andererseits ist klar, dass Schadensersatz wegen „vertaner“ Urlaubszeit nicht nur Berufstätigen, sondern auch Rentnern, Hausfrauen und Schülern zustehen kann, nicht aber Kleinkindern, weil diese noch keinen Urlaubsgenuss empfinden können.

Wird die Urlaubsreise abgebrochen, so ist es oft problematisch, ob die Gesamtzeit des vorgesehenen Urlaubs „vertan“ ist oder nur der Teil, der die abgebrochene Reise betrifft und der Reisende die Möglichkeit hat, die restliche Urlaubszeit unter Erholungsgesichtspunkten sinnvoll zu verwenden.

Wenn eine Ersatzreise angetreten wird

Tritt der Reisende eine Ersatzreise an, kann nach der Rechtsprechung des BGH dennoch Entschädigung verlangt werden, u.U. sind auch die Mehrkosten der Ersatzreise Teil des - materiellen - Schadensersatzanspruchs.

Wie hoch ist die Entschädigung?

Bei der Höhe der Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Denn das Gesetz spricht von einer „angemessenen“ Entschädigung.

Dies bedeutet, dass vor allem die Höhe des Reisepreises, die Schwere der Beeinträchtigung des Erholungszwecks und der Grad des Verschuldens des Veranstalters zu berücksichtigten sind. Kein Kriterium ist dagegen das Einkommen des Reisenden.

Eine erste Orientierung kann der Reisende sich mittels Blick auf die Frankfurter Tabelle, die AnwaltOnline Reisemängeltabelle oder die umfangreiche Urteilsübersicht zu Reisemängeln verschaffen.

Liegen mehrere Mängel vor, kann jedoch nicht einfach eine Addition der Prozentsätze erfolgen. Schließlich kommt es bei der Bewertung auf den konkreten Einzelfall an. Maßgeblich ist also die Bewertung der Gesamtheit aller Mängel in Relation zur gebuchten Reise.

Manche Gerichte haben in der Vergangenheit auch Tagessatzsysteme verwendet, dies ist aber nach der neueren Rechtsprechung des BGH nicht mehr anwendbar.

Wie bei allen Schadensersatzansprüchen führt auch ein etwaiges Mitverschulden des Reisenden am Eintritt des Mangels und/oder Schadens zu einer Reduzierung des Anspruchs auf Schadensersatz.

Ein Mitverschulden kann etwa darin liegen, dass der Reisende eine Krankheit, die der Veranstalter verschuldet hat, nicht rechtzeitig behandeln lässt und ihre Auswirkungen dadurch verschlimmert.

Letzte Änderung: 13.09.2023

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