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Kündigung des Reisevertrags: Wann ist es möglich und welche Folgen hat das?

Reiserecht

Grundsätzlich ist es sowohl dem Reisenden als auch dem Reiseveranstalter möglich, den Reisevertrag über eine Pauschalreise zu kündigen.

Ist eine Reise mangelhaft, so steht dem Reisenden neben dem Recht zur Minderung des Reisepreises und der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auch das Recht zur Kündigung des Vertrags zu.

Wann kann der Reisende den Reisevertrag kündigen?

Der Reisende kann den Vertrag kündigen, wenn die Pauschalreise durch einen Reisemangel erheblich beeinträchtigt ist. Die Kündigung ist erst zulässig, wenn der Reiseveranstalter eine ihm vom Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu leisten (§ 651l BGB).

Dieses Recht zur Kündigung steht dem Reisenden neben dem grundsätzlich bestehenden Recht zum Reiserücktritt gemäß § 651h BGB zu. Während bei einem Reiserücktritt nach § 651h BGB in der Regel – mit der Ausnahme von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen - Stornogebühren anfallen, ist dies bei einer berechtigten Kündigung nach § 651l BGB nicht der Fall.

Ein weiteres Kündigungsrecht hat der Reisende bei erheblichen Preisänderungen.

Wann ist eine Reise erheblich beeinträchtigt?

Damit der Reisende den Vertrag kündigen kann, ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Pauschalreise erforderlich. Dies bedeutet, dass nicht jeder, sondern nur ein gewichtiger Mangel zur Kündigung berechtigt.

Die Rechtsprechung neigt dazu, eine Kündigung immer dann zuzulassen, wenn der Reisepreis wegen eines oder mehrerer Mängel um mindestens 50% gemindert werden könnte. Allerdings lässt die Frankfurter Tabelle schon eine Minderungsmöglichkeit um 20% ausreichen.

Generelle Aussagen dazu, ab wann dem Reisenden ein Kündigungsrecht zusteht, sind deshalb schwierig, weil es bei der Frage der Erheblichkeit eines Mangels sehr stark auf die Umstände des Einzelfalls, beispielsweise auf den Zweck der Reise (etwa Bildungsreise, Safari, Badeurlaub) und die damit verbundenen berechtigten Erwartungen der Reiseteilnehmer ankommt.

Eine Kündigungsmöglichkeit besteht z.B. in folgenden Fällen:
  • Verlust des Reisegepäcks während der überwiegenden Dauer der Reise
  • Erhebliche Belästigung im Hotel durch Baulärm
  • Verschiebung des Reisebeginns um mindestens einen Tag
  • Sprachreise ohne sinnvolles Sprachangebot
Die Durchführung oder die Fortsetzung der Reise muss dem Reisenden - für den Veranstalter erkennbar - unzumutbar sein. Dabei wird auf die persönlichen Verhältnisse des jeweiligen Reisenden abgestellt.

Beispiele:
  • Das Zimmer des gehbehinderten Reisenden liegt anstatt im Erdgeschoss im 1. Stock; ein Aufzug fehlt.
  • Die Verschiebung der Reise würde zu Terminproblemen für den Reisenden führen.
  • Für eine Hochzeitsreise werden anstatt eines Doppelzimmers zwei Einzelzimmer angeboten.

Was muss der Reisende tun?

Der Reisende muss den Mangel angezeigt und zugleich für die Beseitigung des Mangels eine angemessene Frist gesetzt haben, die ergebnislos abgelaufen ist.

Eine Abhilfefrist muss nur dann nicht gesetzt werden, wenn von Anfang an klar ist, dass der Mangel nicht beseitigt werden kann oder wenn die Abhilfe vom Reiseveranstalter abgelehnt wird oder wenn ein besonderes Interesse des Reisenden an der sofortigen Kündigung besteht.

So wäre eine Fristsetzung in den folgenden Fällen entbehrlich:
  • Veranstalter und Reiseleitung sind nicht erreichbar
  • Abhilfe bis zum Ende der Reise erscheint aussichtslos
  • Der Reisende ist durch mangelhafte Verpflegung erkrankt und eine Gesundung bis Reiseende unwahrscheinlich
Die Kündigung bedarf keiner besonderen Form, sie kann also auch mündlich erklärt werden. Da sie aber im Streitfall vom Reisenden bewiesen werden muss, ist schriftliche Kündigung oder wenigstens mündliche Kündigung unter Zeugen dringend anzuraten.

Welche Folgen hat die Kündigung durch den Reisenden?

Wird der Vertrag berechtigterweise vom Reisenden gekündigt, so behält der Reiseveranstalter hinsichtlich der erbrachten und der zur Beendigung der Pauschalreise noch zu erbringenden Reiseleistungen den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Ansprüche des Reisenden auf Minderung des Reisepreises oder Schadensersatz bleiben unberührt. Hinsichtlich der nicht mehr zu erbringenden Reiseleistungen entfällt der Anspruch des Reiseveranstalters auf den vereinbarten Reisepreis; insoweit bereits geleistete Zahlungen sind dem Reisenden vom Reiseveranstalter zu erstatten.

Praktisch bedeutet dies, dass der Veranstalter vom Reisenden den Teil des Preises vom Gesamtpreis verlangen kann, der dem bis zur Kündigung bereits verstrichenen Teil der Reise an der Gesamtreisedauer entspricht.

Sind die Leistungen, die der Veranstalter schon erbracht hat und die er nach der Kündigung noch erbringen muss, für den Reisenden aber uninteressant, muss dieser gar nichts bezahlen. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Reisende gleich nach Ankunft am Urlaubsort kündigt, weil das Hotel völlig unzumutbar ist und eine zumutbare Ersatzunterkunft nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Auch die „vergeblich entstandenen“ Flugkosten muss der Reisende dann nicht bezahlen.

Nach der Kündigung muss der Veranstalter, falls er dazu nach dem Reisevertrag verpflichtet war, den Reisenden zum Ausgangspunkt zurück befördern. Das hierfür eingesetzte Beförderungsmittel muss dem im Vertrag vereinbarten Beförderungsmittel gleichwertig sein. Wenn dabei Mehrkosten entstehen, weil etwa anstatt des Charterflugzeugs eine Linienmaschine eingesetzt werden muss, trägt diese Mehrkosten der Reiseveranstalter.

Sofern der Reiseveranstalter den Mangel zu vertreten hatte, so können auch Schadenersatzansprüche des Reisenden in Betracht kommen. Der Reisende kann in diesem Fall ggf. die Kosten für eine vergleichbare Ersatzreise oder Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit vom Reiseveranstalter verlangen. Aufwendungen des Reisenden im Zusammenhang mit der Durchführung der gebuchten Reise, die für den Reisenden aufgrund der Kündigung nutzlos geworden sind, gehören in diesem Fall zum Schaden des Reisenden.

Gibt es für den kündigenden Reisenden ein Kostenrisiko?

Da sich über die Frage der Erheblichkeit des Mangels durchaus streiten lässt, ist im Streitfall nicht nur die teilweise oder vollständige Erstattung des Reisepreises mit Unsicherheiten behaftet. Es kann durchaus vorkommen, dass der Veranstalter die Kündigung des Reisenden nicht akzeptiert. Der Reisende muss in diesem Fall selbst seine Rückreise organisieren und die Kosten auslegen. Sofern sich die Kündigung dann als berechtigt herausstellt, können diese Kosten - ggf. auch gerichtlich - eingefordert werden. Es ist aber auch möglich, dass der Reisende den Mangel irrtümlich als erheblich angesehen hat und dann nicht nur die Rückreisekosten selber tragen muss, sondern auch keine weiteren Ansprüche gegen den Veranstalter geltend machen kann.

Es kann daher strategisch geschickter sein, die Reise dennoch fortzusetzen, die Mängel zu dokumentieren und mit Fristsetzung Abhilfe zu verlangen. Nach Beendigung der Reise können dann Ersatzansprüche (Minderung / Schadensersatz) geltend gemacht werden.

Die Kündigung sollte auf ganz offensichtliche Fälle beschränkt werden, bei denen sich die Sachlage jedem ganz offensichtlich aufdrängt.

Wenn der Reiseveranstalter den Reisevertrag vor Reisebeginn kündigt ...

Der Reiseveranstalter kann gemäß § 651h Abs. 4 BGB vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktreten, wenn

1. sich für die Pauschalreise weniger Personen als die im Vertrag angegebene Mindestteilnehmerzahl angemeldet haben; in diesem Fall hat der Reiseveranstalter den Rücktritt innerhalb der im Vertrag bestimmten Frist zu erklären, jedoch spätestens

a) 20 Tage vor Reisebeginn bei einer Reisedauer von mehr als sechs Tagen,

b) sieben Tage vor Reisebeginn bei einer Reisedauer von mindestens zwei und höchstens sechs Tagen,

c) 48 Stunden vor Reisebeginn bei einer Reisedauer von weniger als zwei Tagen,

2. der Reiseveranstalter aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände an der Erfüllung des Vertrags gehindert ist; in diesem Fall hat er den Rücktritt unverzüglich nach Kenntnis von dem Rücktrittsgrund zu erklären.

Tritt der Reiseveranstalter vom Vertrag zurück, verliert er den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis.

Wenn der Reiseveranstalter infolge eines Rücktritts zur Rückerstattung des Reisepreises verpflichtet ist, hat er unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt zu leisten. Ein Gutschein muss vom Reisenden nicht akzeptiert werden – der Reisepreis ist in voller Höhe zurückzuzahlen. Der Reiseveranstalter hat keine rechtliche Möglichkeit, den Reisenden zur Annahme eines Gutscheins zu zwingen.

Kann der Veranstalter den Reisevertrag nach Reisebeginn kündigen?

Auch der Reiseveranstalter kann eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund aussprechen - auch dann, wenn die Reise bereits begonnen hat. Hierfür muss es dem Veranstalter unzumutbar sein, am Reisevertrag festzuhalten.

Dies ist in der Regel dann all, wenn der Reisende die Durchführung der Reise ungeachtet einer Abmahnung des Reiseveranstalters nachhaltig stört oder wenn er sich in solchem Maße vertragswidrig verhält, dass die sofortige Aufhebung des Vertrages gerechtfertigt ist.

Eine solche Unzumutbarkeit kann im Verhalten des Reisenden liegen, beispielsweise wenn dieser Streitigkeiten mit anderen Gästen anzettelt, randaliert, Personal und oder Gäste schikaniert oder belästigt.

Der Reisende ist in der Regel vor Kündigung abzumahnen. Ändert der Reisende sein Verhalten nicht, kann der Reiseveranstalter den Reisevertrag aus wichtigem Grund kündigen.

Der Reiseveranstalter behält in einem solchen Fall den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis, wobei er sich ggf. ersparte Aufwendungen oder Vorteile aus anderweitiger Verwertung der Reise anrechnen lassen muss.

Letzte Änderung: 02.11.2023

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