Nichtantritt eines Fluges: Was Flugreisende erstattet bekommen können

Reiserecht

Es kommt immer wieder vor, dass ein gebuchter Linienflug vom Reisenden nicht wahrgenommen werden kann und daher storniert oder nicht angetreten wird.

Handelt es sich nicht um einen von einer gegebenenfalls abgeschlossenen Reiserücktrittsversicherung abgedeckten Fall, so muss der Reisende damit rechnen, wenn überhaupt nur einen geringen Teil des Ticketpreises erstattet zu bekommen.

Welche Kosten darf die Fluggesellschaft einbehalten?

Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass es für die Fluggesellschaft unerheblich ist, aus welchen Gründen ein Flug nicht angetreten werden kann.

Ob und in welchem Umfang eine Erstattung des reinen Ticketpreises erfolgt, ergibt sich aus dem für das konkrete Ticket gültigen Tarif. Die Erstattung der Kosten für den Flugschein kann eingeschränkt oder bei ermäßigten Flugscheinkosten bzw. Sonderkonditionen ausgeschlossen werden.

Im Grundsatz kann die Fluggesellschaft also eine Stornogebühr einbehalten.

Ein genereller und unterschiedsloser Ausschluss der Erstattung der Flugscheinkosten ist jedoch rechtswidrig. Entsprechende Klauseln in den AGB sind unzulässig.

Es ist jedoch auch zulässig, nicht stornierbare Tickets anzubieten. In diesem Fall können nur die Steuern und Gebühren zurückverlangt werden (BGH, 20.03.2018 – Az: X ZR 25/17).

Wenn das Ticket weiterverkauft werden kann

Gelingt es der Fluggesellschaft, das Flugticket an einen anderen Passagier weiterzuverkaufen, kann in der Regel ein großer Teil des Flugpreises zurückverlangt werden, wenn es sich nicht um ein nicht stornierbares Ticket gehandelt hat.

Die Fluggesellschaft ist in diesem Fall dazu verpflichtet, den Status des stornierten Tickets offenzulegen. Erfolgt keine Abrechnung durch die Airline, kann der gesamte Ticketpreis zurückverlangt werden.

Welche Kosten muss die Fluggesellschaft immer erstatten?

Unabhängig von den individuell für das Ticket und den jeweiligen Tarif geltenden Stornobedingen und einem etwaigen Weiterverkauf sind einige Posten grundsätzlich zu erstatten. Dies sind die personenbezogenen Kosten (Flugnebenkosten), die nicht anfallen, wenn der Flug nicht angetreten wird (AG Nürtingen, 16.12.2019 - Az: 44 C 5252/19; LG Berlin, 28.04.2015 - Az: 116 O 175/14).

Die Steuern (Luftverkehrssteuer) werden für den Staat erhoben und müssen bei Nichtantritt nicht abgeführt werden. Ebenso fallen Flughafengebühren und Luftsicherheitsgebühren bei Nichtantritt (No-show) nicht an.

Diese Posten, die letztendlich für Dritte eingezogen werden, müssen nach dem Bereicherungsrecht erstattet werden.

Beim Kerosinzuschlag bzw. Treibstoffzuschlag, Zuschlägen für Gepäck und anderen Extraposten (Essen, etc.) handelt es sich um Kosten, die aufgrund des Nichtantritts des Fluges auch nicht mehr getätigt werden mussten. Diese sind deshalb bei Nichtantritt ebenfalls zu erstatten, wenn die Posten in der Abrechnung ausdrücklich zum Gesamtflugpreis ausgewiesen und addiert wurden.

Im Streitfall ist der Reisende in der Beweislast, dass die Fluggesellschaft höhere als die ausgewiesenen Ersparnisse hatte.

Der Anspruch ist fällig, sobald die Nichtdurchführung des Fluges feststeht, also mit dem Nichtantritt oder der Stornierung der Buchungen (LG Nürnberg-Fürth, 19.08.2022 - Az: 5 S 7978/20).

Wie erfährt der Passagier, welche Kosten er zurückfordern kann?

Damit der Reisende in der Lage ist, genau zu überprüfen, welche Beträge personenbezogen sind, sind die Fluggesellschaften verpflichtet, die einzelnen Preisbestandteile des Tickets genau aufzuschlüsseln. Dies verlangt die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 europaweit.

Hierzu hat der EuGH bereits entschieden, dass Luftfahrtunternehmen die von den Kunden für die Steuern, die Flughafengebühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte geschuldeten Beträge bei der Veröffentlichung ihrer Flugpreise gesondert ausweisen müssen und sie daher nicht - auch nicht teilweise - in den Flugpreis einbeziehen dürfen (EuGH, 06.07.2017 - Az: C-290/16; ebenso: KG, 03.09.2020 - Az: 23 U 34/16).

Demnach sind die geleisteten Vorauszahlungen also strukturiert und auf klare, transparente und eindeutige Weise in ihre einzelnen Bestandteile gegliedert aufzulisten. So kann genau geprüft werden, in welcher Höhe eine Erstattung gefordert werden kann.

Bereits bei der Flugbuchung sind jeweils gesondert Flugpreis, Steuern, Flughafengebühren und sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte klar, transparent und eindeutig auszuweisen.

Für die Rückerstattungshöhe kommt es dabei grundsätzlich auf die in der Buchungsbestätigung der Fluggesellschaft bzw. des Reisevermittlers ausgewiesene Höhe der Steuern und Gebühren an.

Fehlen solche Angaben, so besteht für den Fluggast zur Ermittlung der abzuziehenden ersparten Aufwendungen ein Auskunftsanspruch gegen das Flugunternehmen aus § 242 BGB (LG Memmingen, 04.03.2022 - Az: 26 O 1373/21).

Alternativ muss i.S.v. § 287 ZPO mit Schätzungen gearbeitet werden. Die Schätzung kann anhand der offiziellen Angaben der ITA-Matrix erfolgen (LG Landshut, 26.10.2021 - Az: 15 O 1730/21).

Kann eine Bearbeitungsgebühr für die Erstattung berechnet werden?

Für die Erstattung berechnen viele Fluggesellschaften eine Bearbeitungsgebühr, was auch oft in den AGB so vorgesehen ist.

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Letzte Änderung: 15.09.2023

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